Gott – Ein altes Wort und seine neue Bedeutung
Vorlesen:
Gibt es einen Gott, oder gleich mehrere? Keinen? Vielleicht gab es ihn mal, doch jetzt ist er bereits verstorben, wie Friedrich Nietzsche es zu wissen meinte?
Eine Antwort auf all diese Fragen kann man gewiss erst dann geben, wenn man weiss, was man man eigentlich meint mit diesem Wort: Gott.
Ein allmächtiges Wesen soll er sein und Teil von Allem. Als Schöpfer der Welt tritt er klar als handelndes Subjekt in Erscheinung, dass ein Objekt – die Welt – erschafft, durchzieht und kontrolliert. Und er soll uns nach seinem Abbild geschaffen haben.
All das klingt für viele moderne und aufgeklärte Menschen höchst suspekt und das ist verständlich. In gewisser Weise hatte Nietzsche nämlich recht. Für viele ist Gott heute nur mehr eine abstrakte Vorstellung, beheimatet in den Seiten veralteter Bücher.
Das muss er aber nicht sein. Mit den richtigen Methoden, kann er für jeden zu einer konkret erfahrbaren Realität werden. Durch entsprechende Techniken können wir lernen bestimmte Punkte unseres Nervensystems und vor allem im Gehirn, zu aktivieren.
Als Folge davon fängt unser Körper an Hormone auszuschütten, wie eigentlich immer, wenn uns ein bestimmtes Gefühl erfüllt. Vor einer Prüfung haben wir zum Beispiel ein mulmiges Gefühl im Bauch oder wenn wir eine geliebte Person nach langer Zeit wieder sehen, ist uunser Herz voller Freude.
Diese Redewendungen finden wir in unserem Wortschatz weil entsprechende Phänomene existieren, die viele von uns kennen. Bei einigen Gefühlen ist der Ort des Gefühls deutlicher wahrnehmbar, bei anderen weniger deutlich. Doch all unsere Emotionen gehen mit der Ausschüttung von Hormonen in bestimmten Körperregionen einher, die das entsprechende Körpergefühl zur mental erlebten Realität erzeugen.
Was für obige Redewendungen gilt, gilt auch für den Ausdruck: “Ich fühle mich gesegnet”. Dahinter steckt eine gewisse, als überaus angenehm wahrgenommene Empfindung, ein nahezu ekstatisches Körpergefühl.
Befinden wir uns in einem solchen Zustand gibt es keinen Grund für uns, einzelne in einem bestimmten Moment wahrgenommene Empfindungen auszublenden oder zu unterdrücken. Alles ist angenehm, alles wirkt freundlich. Man könnte auch sagen, dass wir all unsere eingehenden und ausgehenden, physischen und mentalen Informationskanäle gleichzeitig öffnen.
Was wir hören, schmecken, riechen, sehen, denken und fühlen, alles ist gleichzeitig präsent. Dann erkennen wir, dass unser eigenes Ich-Gefühl, also das Gefühl “Ich bin” oder “Ich existiere” nur eine Empfindung in einem Ozean von Erscheinungen ist und dass all diese Erscheinungen irgendwie miteinander verbunden sein müssen, etwas muss sie zusammenhalten.
Etwas, das unsere Welt zusammenhält wie ein Faden, der ein Gewebe durchzieht? Das muss ja Teil von Allem sein! Ausserdem muss diese mysteriöse Erscheinung, die alles miteinander vereint, rein logisch als handelndes Subjekt gegenüber dem betrachtet werden, was wir als unsere Realität wahrnehmen. (Interessant ist hier vielleicht, dass “Atman”, das Wort für Seele in der Sanskrit Sprache, direkt mit dem Wort “Verbund” übersetzt wird.)
In Gewissen Sinne erschafft es unsere Realität und eine veraltete Bedeutung des Wortes “schöpfen” ist erschaffen. Hier könnten wir es also tatsächlich mit unserem Schöpfer zu tun haben. Doch ein Rätsel bleibt: Was hat es mit der Allmacht auf sich?
Die vielleicht pragmatischste Antwort darauf könnte sein, dass unsere Vorfahren diesem Wesen eine Allmacht zusprachen, weil es uns in die Lage versetzt, über uns hinauszuwachsen. Wer diesem mysteriösen Wesen ganz nah ist, lebt nicht nur in einem freudvollen Zustand, der sie oder ihn mit enormer Handlungsenergie ausstattet, sondern hat auch gleichzeitigen Zugang zu all seinen eingehenden und ausgehenden, physischen und psychischen Informationskanälen.
So kann er viele Dinge tun und dabei aus einem reichhaltigen Informationsschatz schöpfen. Die betreffende Person wird dabei zwar nicht selbst allmächtig, das verbindende Subjekt hinter allen Erscheinungen verfügt jedoch über die Fähigkeit uns in jedem Moment mit denjenigen Informationen zu versorgen, die wir zur Erreichung eines bestimmten Ziels benötigen.
Die Allmacht liegt beim höchsten Subjekt und zeigt sich in der Größe derer, die ihm ganz nah sind. Diesem höchsten Subjekt haben unsere Vorfahren, wie alle anderen handelnden Wesen, auch einen Namen gegeben. Er lautet Gott.
Weil er unsere Realität erschafft sitzt er gewissermaßen im Zentrum unserer Existenz. Um ihn zu finden, müssen wir unseren Blick nach Innen wenden. Wenden wir unseren Geist jedoch der äusseren Welt zu, wie der Materialismus es anrät, haben wir keine Chance ihn zu finden.
Deswegen hat der arme Nietzsche Gott wahrscheinlich für tot erklärt. In einer Welt, in der sich der Materialismus zunehmend als dominante Weltanschauung durchsetzte, konnte er ihn einfach nirgendwo mehr finden.
Heute ist das Wort Gott vielleicht etwas überholt. Als moderne Menschen fällt es uns schwer an ein übernatürliches Wesen zu glauben. Leichter fällt es uns in Kategorien von nervlichen Prozessen, Hormonausschüttungen und ähnlichem zu Denken.
Der moderne Gott wäre dann eine Art meta kognitiver Zustand, also ein Zustand, der über oder hinter allen Wahrnehmungen – selbst hinter dem eigenen Ich-Gefühl – steht und der mit bestimmten Nervenaktivitäten und Hormonausschüttungen einher geht.
Dieser Zustand ist durch systematische Praxis für jeden von uns erreichbar. Wichtig dabei sind Entschlossenheit, Mut, Ausdauer und vor allem Hingabe. Schließlich ist er unser Subjekt und wir sind seine Objekte. Ihn zu erfahren heisst sich ihm ganz hinzugeben, sich in ihm aufzulösen und Eins mit ihm zu werden. Es gibt keinen anderen Weg.