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Der Frühling ist erwacht

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Eine musikalische Reise zur Entdeckung der Schönheit

Es ist März und die ersten Blüten haben sich bereits zart der frühlingshaften Sonne geöffnet. Die Vögel singen kleine Konzerte, allmählich geht der Winter zu Ende.

Dieses Gefühl des ‚Frühlingserwachens‘ ist ein sehr beliebtes Thema in der Dichtung und Literatur. Ich möchte heute ein Lied des indischen Philosophen Shrii P.R. Sarkar vorstellen, der neben seinen zahlreichen Büchern und Diskursen auch über 5000 Lieder verfasst hat. Diese Sammlung wird auch „Prabhat Samgiit“ genannt.

Es handelt sich um das 1682te Lied der Sammlung und beginnt mit dem Vers „Vasanteri Agamane“, was so viel heißt wie „Zum Beginn des Frühlings“. Es ist wie die meisten Lieder des Prabhat Samgeet in bengalischer Sprache geschrieben und hat eine spirituelle Ausrichtung.

Der Text:

Vasanteri ágamane
Dhará nava sáje sejeche
Jiivana jagat
Rase ráge rúpe bhareche


Ogo rúpakár sumukhe ese
Nayana mele madhura hese
ŕáo tava mohana veshe
Dhará dáo dharańii májhe


Liilá jáno tumi he rájádhiráj
Priiti bhará tabu kena ká
dáo je áj
Salája hrdaye eso he niláj
Chande nácei

Zum Beginn des Frühlings,

hat sich die Erde neu eingekleidet.

Die Welt der Lebewesen

ist mit Freude, Farbe und Schönheit erfüllt worden.

Oh Bildhauer, der du vor mir erschienen bist,

Augen öffnend und lieblich lächelnd,

In deinem faszinierenden Gewand, verweile doch;

Mitten in der Welt, lass mich Dich umarmen.

Hey König der Könige, Du weißt, wie man spielt;

Obwohl voller Liebe, warum muss ich heute weinen?

Tritt ein in ein Herz, das schüchtern ist, hey Herr ohne Scham;

Bitte komm mit Kadenz und Tanz.

 

In der ersten Strophe wird das bereits erwähnte Gefühl beschrieben des Erwachens, des neuen Lebens nach dem Winter, der farbenfrohen Fülle. „Rase ráge rúpe bhareche“. „Rasa“ heißt soviel wie Freude, Fluss, Harmonie. Raga bedeutet Farbe oder Melodie (in der indischen Musik gibt es etwa verschiedene ‚Ragas‘). „Rupa“ heißt etwa Gestalt, Schönheit oder Form.

Das lyrische Ich befindet sich also in einem glückseligen Fluss, bei dem alle Sinne aktiviert sind und die Welt in einzigartiger Harmonie erscheint.

 

Die zweite Strophe geht noch tiefer, hinter die faszinierenden Phänomene der Welt an die Quelle. Es wird der „Rupakar“, der Bildhauer angesprochen. Die Beziehung zu ihm ist liebevoll, überschwänglich. Die schönen Frühlingsfarben sind nichts als sein Gewand, er ist die Essenz.

 

Die letzte Strophe steigert sich in ein bittendes, hingebungsvolles Flehen. Das lyrische Ich weint und fühlt sich voller Schüchternheit. Es sehnt sich mit seinem schüchternen Herzen („Salaja hrdaye“) nach dem Herrn ohne Scham „nilaj“. Die Botschaft: Ich bin unvollkommen, du bist vollkommen, bitte komm näher zu mir.

Dieses Näherkommen ist ein Spiel („Liilá“), ist ein Rhythmus („chande“), ist ein Tanz („nace“).

Der Aufbruch der Natur, die Überschwänglichkeit des neuen Lebens soll sich also auch im Innern vollziehen: neue Hoffnung, neues Leben, neue Inspiration wird eingeladen.

Diese können wir erlangen, indem wir tief gehen. Indem wir hinter dem Kunstwerk der Welt den Bildhauer bewundern, ihn lieben, zu ihm laufen.

Eine Aufnahme des Liedes findest Du hier:

https://www.youtube.com/watch?v=5qTnThsoJRE

Den Text mit englischer Übersetzung, sowie Noten zum Download gibt es hier:

https://sarkarverse.org/wiki/Vasanteri_agamane,_dhara_nava_saje_sejeche

 

Da dies ein etwas neues Format und daher ein kleines Experiment ist, freue ich mich außerdem über Rückmeldung oder Anregungen!

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