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Universaler Humanismus.

Wie der Neohumanismus den Weg für eine neue Ära bahnen kann.

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Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium
Wir betreten feuertrunken
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
wo dein sanfter Flügel weilt.“

 

– Friedrich Schiller, Ode „An die Freude“

 

Das Ziel aller Menschen muss es sein, zu einer Einheit zu werden. Nur das wird uns befreien von Krieg und gegenseitiger Ausbeutung. Dieser Prozess fängt dabei im Inneren jedes Einzelnen von an.

Wir können uns selbst von begrenzten Identifikationen und Gruppengefühlen befreien. Dies gelingt durch die spirituelle Erkenntnis, dass alle Menschen, ja letztlich alle Lebewesen und auch unbelebte Dinge von der gleichen kosmischen Quelle stammen. Wir fühlen uns dann als Kinder des kosmischen Vaters – und sehen uns gegenseitig als Brüder und Schwestern.

 

Neohumanismus – Eine undogmatische, rationale und universale Philosophie

Diese Art des Denkens wird auch „Neohumanismus“ oder „Universalismus“ genannt. Als Philosophie wurde sie erstmals von dem indischen Philosophen Shrii P.R. Sarkar in großer Klarheit vorgestellt. Neohumanistische Ideen finden heutzutage allerdings weite Verbreitung, auch bei Menschen, die diesen Begriff gar nicht kennen.

Sarkar erklärt in seinem Buch „The Liberation of Intellect – Neohumanism“, wie nur dieses universale Gefühl die Menschheit von gegenseitiger Ausbeutung und Krieg befreien kann. Er identifiziert als Grundlage jeglicher Ausbeutung begrenzte geographische Gefühle („Geo-Sentiment“) und Gruppengefühle („Sozio-Sentiment“). Erst die Überhöhung des eigenen Landes oder der eigenen sozialen Gruppe/Klasse/Nation/etc. führt dazu, dass die Ausbeutung anderer Gruppen und Länder gerechtfertigt wird.
Ausbeutung findet dabei in vielen verschiedenen Bereichen statt. Sarkar unterscheidet unter anderem psychische und wirtschaftliche Ausbeutung.

Psychische Ausbeutung entsteht durch die Injektion bestimmter Minderwertigkeitsvorstellungen oder Ängste in die Gedanken einer bestimmten sozialen Gruppe. Diese Menschen denken dann selbst, sie seien minderwertig und lassen sich leichter ausbeuten.

Wirtschaftliche Ausbeutung ist oft der nächste Schritt nach psychischer Ausbeutung. Ist einmal das Rückgrat der Auszubeutenden gebrochen, fällt es herrschenden Gruppen leicht, die Unterdrückten auszubeuten.
Wirtschaftliche Ausbeutung fand einen extremen Ausdruck im Zeitalter des Kolonialismus. Kolonialländer beuteten radikal die Rohstoffe der Kolonien aus, um sie dann später als Absatzmärkte für fertige Produkte wiederum auszubeuten.

Auch heute noch findet der gleiche Prozess, in verdeckter Form statt. Die Methode, erst Rohstoffe aus anderen Ländern zu extrahieren, um dann fertige Produkte wieder in diese Länder zu exportieren, ist einer der Gründe, weshalb wir auch heute noch große Disparitäten zwischen sogenannten „entwickelten“, „unentwickelten“ und „Entwicklungs“-Ländern haben.
Sarkar kommentiert dazu, dass bei genauem Hinschauen diese Unterteilung völlig irreführend ist. Denn ohne die Rohstoffe der anderen Länder hätten sie sich gar nicht erst so weit entwickeln können!

 

Rationales Denken und Studium

Hindernisse für das Erreichen einer universalen Brüderlichkeit sieht Sarkar in verschiedenen Dogmen und Fehlinformationen, die das Denken schwächen und fehlleiten – zum Vorteil von wenigen Individuen.

Zum Beispiel wurden über viele Jahrhunderte weltweit Dogmen über die Minderwertigkeit, niedrigere Intelligenz oder Führungskompetenz von Frauen verbreitet. Der Ergebnis war die massive Unterdrückung von 50% der Weltbevölkerung durch die andere, männliche Hälfte.

Ein anderes Beispiel: Das Dogma des Kapitalismus, dass ‚jeder die Möglichkeit hat, aus eigener Kraft reich zu werden‘ sorgt dafür, dass arme Menschen denken, es sei ihre eigene Schuld, wenn sie es nicht sind. Anstatt dass sie die Ungerechtigkeit des Systems erkennen, das auf Partikularinteressen der wohlhabenden Menschen basiert, werden sie deprimiert und bleiben hinter ihrem wahren Potenzial zurück.

Aufgrund der Allgegenwärtigkeit solcher Dogmen betont Sarkar die Notwendigkeit des Studiums und einer rationalen Geisteshaltung.

Der Neohumanismus ist in diesem Sinne vollkommen undogmatisch. Was auch immer der Sachverhalt ist: Zuerst ist es notwendig, die Situation eingehend zu studieren. Darauf sollten die gesammelten Informationen sorgfältig auf Pro und Kontra abgewogen werden. Schließlich sollte eine Entscheidung getroffen werden, die das Wohl aller berücksichtigt.

 

Grenzen des Humanismus

Sarkar stellt außerdem klar, dass es nicht reicht, bloß Humanist zu sein. Er erklärt, dass selbst mit einer humanistischen Gesinnung einer einzigen Menschheitsfamilie das Wohl der Tiere, der Pflanzen und der Natur nicht mitdenken.

Das führt zu zweierlei: Zum einen werden Tiere unnötig getötet, oder ihr Lebensraum wird zerstört. Genauso wird die Natur weit über ihre Grenzen beansprucht, durch die Rodung von Wäldern wird außerdem die Balance zwischen der Tier-, Pflanzen- und Menschwelt erheblich gestört.

Zum anderen bleibt damit im Geist des sogenannten „Humanisten“ noch immer die Tendenz der Zerstörung und der Ausbeutung. Daher ist es auch nicht ausgeschlossen, dass diese Menschen nicht trotzdem fähig sind, auch andere Menschen zu unterdrücken.

 

Fazit

Der Neohumanismus ist die einzige Philosophie, die ich kenne, die wirklich alle mitdenkt – alle Menschen, Tiere und Pflanzen. Sie ist damit enorm ganzheitlich und zukunftsträchtig.
Es kommt außerdem nicht darauf nicht, einfach nur die Konzepte der Philosophie zu predigen. Vielmehr ist diese Theorie darauf angelegt, angewendet zu werden. Sie ermutigt kritisches Denken, Rationalität, Studium und eine ganzheitlich-spirituelle Denkweise. Sie ist damit absolut undogmatisch und rational.

Quelle:
Shrii P. R. Sarkar: “The Liberation of Intellect”, Ananda Marga Publications, Kolkata 1982/2020.

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